Notizen |
- Bucho Wiarda
(1532-1595)
Unser Wissen von ihm ist Stückwerk. Lebte er doch in einer unruhigen Zeit, die ihn um seines Glaubens willen zur Flucht aus seiner angestammten Heimat trieb. In solch bewegten Zeiten fehlt es dann vielfach an Aufzeichnungen. Wir wissen auch nichts von seinem Aeusseren. Denn obwohl wir Bilder vom Sohn des Bucho, dem KanzIer Dothias Wiarda, bis " heute in ununterbrochener Reihenfolge besitzen, muss das bisher ihm zugeschriebene Bild nach Ansicht der Fachleute einen späteren Bucho Wiarda darstellen. So nimmt es auch nicht wunder, dass schon sein Geburtsjahr umstritten ist. Es gibt eine Handschrift aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts, die Geschlechtsregister einiger ostfriesischen Familien betreffend. In dieser Handschrift wird unter "Korte Genealogie der Wiarda" auch von Bucho berichtet und sein Geburtsjahr mit 1536 angegeben. Nach den Knyphausenschen Stammtafeln soll Bucho Wiarda 1530 geboren sein. Richtig ist aber wohl das Jahr 1532, das der Geschichtsschreiber Tileman Dothias Wiarda auf Grund alter Familienpapiere als Geburtsjahr ermittelt hat.
Noch umstrittener war lange seine väterliche Herkunft. De Haan Hettema versuchten eine Lösung dieser Frage, mit der sie nicht fertig werden konnten. Weil Tileman D. Wiarda in seiner Genealogie einen Dothias als Vater des Bucho angegeben hatte, was sich später als Irrtum erwies, kamen sie zu dem Ausweg, dass Bucho der uneheliche Sohn des Priesters Doytse Wiarda gewesen sei. Sie schrieben: "Zie hier den eenigen Doytse, aan wien een zoon Bucho kunnen toekennen". Tileman Dothias Wiarda wusste noch nichts von der von Viglius van Aytta selbst geschriebenen Genealogie, die im Buch des Hoynck van Papendrecht "Vita Viglii ab Aytta" abgedruckt ist. Nach den Nachrichten dieses Buches und den heutigen Erkenntnissen erscheint die von Hans von W'iarda im Deutschen Geschlechterbuch verzeichnete Herkunft des Bucho Wiarda von Boko Wiarda und der Rema Tyepma hinreichend begründet. Dieser Boko aber war der 3. Sohn des 1498 bei Barrahuis gefallenen Dothias Wiarda und der Minthia van Aytta. Darauf deuten auch die Namen hin, die Bucho Wiarda seinen Söhnen gab: Onnius (nach dem in 1498 verstorben Bruder des Dothias genannt Onno), Dothias (nach Dothias verstorben in 1498) und Viglius (nach dem Neffen der Minthia van Aytta, Viglius van Aytta). Somit wäre also Bucho ein Halbbruder des Jorrit Bockes Wiarda, der als Besitzer der Tjerksma State mehrfach genannt wird.
Studiert hat Bucho Wiarda in Groningen (siehe Joannes Huninga Oostwoldanus, oratio funebris Groningen 1616). In dieser Oratio wird Bucho ausdrücklich mit seinen Söhnen Dothias (der spätere Kanzier) und Ennius (gemeint ist der nachmalige Professor juris Dr. Onnius Wiarda) genannt. Nach den Familienpapieren hat sich Bucho Wiarda bei Briefen und Eintragungen als Lizentiat der Rechte bezeichnet, während Aggäus Albada in seinen durch Gabbema veröffentlichten Briefen vom Magister Bucho Wiarda spricht.
Er verheiratete sich mit Aalke Hoitets, Tochter des lntet Hoitets, Bürgemeister zu Bolsward. Schon früh bekannte er sich zur reformierten Konfession, während seine Verwandten dem katholischen Glauben anhingen. Als nun Herzog Alba in die Niederlande einzubrechen drohte, suchten viele der Reformierten ihre Rettung in Ostfriesland und verschiedenen Stadtstaaten. Allein im Jahre 1567 sollen es etwa 350 Haushaltungen gewesen sein (siehe: de Vrije Fries V. S. 403). Gabbema gibt hiervon in "Verhael van Leeuwarden" S. 494 einen anschaulichen Bericht: "Dies krielde de Eems en Weser Strooms van Schepen, gestmot vol banen Vlugtlingen, die na Emden en Bremen, daar de gezuiverde Godsdienst bloeide, en zy in vort mogden leven werden". Unter den geflüchteten Familien finden wir die Namen alter friesischer Geschlechter, so der de Wingene, de Pollere, Haringa u.s.w., die in Ostfriessland blühende Familien begründeten, aus denen bedeutende Männer und Frauen hervorgegangen sind. Heinrich von Wiarda beschreibt in seinen Aufzeichnungen das grosse Bild im Auricher Hause des Geschichtsschreibers Tileman Dothias Wiarda "Auszug der Familie de Pottere" . Dieses Bild stammte von dem holländischen Maler Ruisdale und ist abgedruckt in "Die Groenevelds" 1958. Es wird von der Frau des Tileman Dothias, der Teelke Susanna de Pottere, einer Tochter der Helene Maria van Wingene, in die Ehe gebracht sein. Auf dem Bilde sieht man die Fluchtwagen mit dem Wappen der de Pottere. Wie die de Pottere haben auch andere Familien, auch die des Bucho Wiarda, grössere Vermögenswerte retten können. Denn nur so ist es erklärlich, dass dieser drei Söhne hat studieren lassen können und auch grössere Reisen unternahm.
Aus einer Matrikeleintragung in Marburg 1579 geht hervor, dass sich Bucho Wiarda, Frisius Licentiatus juris, zu dieser Zeit in Marburg aufgehalten hat, wahrscheinlich anlässlich des Übertritts seines Sohnes Dothias vom Pädagogium zur Universität. Man kann annehmen, dass Bucho vor seinem Fortgang aus den Niederlanden seinen Landbesitz, z.T. an seine Verwandten, verkauft hat. Hierfür spricht ein Brief von de Vries aus dem Rijksarchief zu Leeuwarden "In 1585 blijken de wezen van Pybe Aedesz. Wyaerda en Cathryn Kempodr. 300,- goud guldens schuldig te zijn aan Mr. Bucho Wyaerda. Ze bezitten dan een derde van een boerderij onder Bolsward. Hebben zij die gekocht van Bucho bij diens vertrek naar Duitsland, uit het erfgoed van zijn vrouw, die afkomstig was uit Bolsward?"
Aber was sind in solcher Lage alle geretteten Vermögenswerte! Emigrantenschicksal, Trennung von Verwandten und Freunden, Losgelöstsein von der angestammten Heimat, all das spiegelt sich wider in Briefen, die erhalten geblieben sind. So bedankt sich Bucho Wiarda in einem Brief vom 8. Oktober 1584 an seinen "goeden vrunt" Ackema für die tröstlichen Worte, die ihm dieser in "deze bedroofte starvenstijd" geschrieben hatte. Bucho Wiarda hielt sich zunächst in Bremen auf. Es spricht für sein Ansehen, dass er bald Umgang mit bedeutenden Männern bekam, so u.a. mit dem gräfl. holsteinischen Rat und Syndikus des Domkapitels Dr. jur. Tileman Zernemann, der 1594 Schwiegervater seines Sohnes Dothias, des späteren Kanziers von Ostfriesland, wurde. Auch hat ihm wohl die briefliche Verbindung mit dem berühmten Rechtsgelehrten Aggäus van Albada und dem Ratsherrn Rembertus Ackema über manche trübe Stunde hinweggeholfen. Aus einem Brief des Albada vom 25.9.1583 an Ackema, abgedruckt bei Gabbema S. 767, geht hervor, dass Aggäus van Albada aus Freundschafts- und Verwandtschaftsgründen (ob amicitiam et affinitatem) den Sohn des Mr. Bucho Wiarda als famulus zu sich genommen hat. Es wird sich um Ennius Wiarda (auch Onnius genannt) gehandelt haben. Doch kann die Verbindung von Albada und Ennius Wiarda nicht lange gedauert haben, da Albada im August 1584 verstarb, und Ennius bereits 1585 22 jährig Professor juris zu Erfurt wurde.
Buchos Frau Aalke scheint sich mit dem Flüchtlingsdasein abgefunden zu haben und eine fürsorgende Frau und Mutter gewesen zu sein. Jedenfalls darf man dies aus dem Ton schliessen, mit dem Bucho in seinen Briefen von seiner "huysfrau" spricht. Das Ehepaar hatte 4 Söhne und 2 Töchter. Alle Söhne haben es zu angesehenen Lebensstellungen gebracht. Von besonderer Bedeutung ist für uns der Kanzier Dothias Wiarda, von dem der heutige Deutsche Wiarda’s in direkter Linie abstammen. Die Tochter Regina war mit dem braunschweigischen und nassauischen Rat Dr. Arnold Creisser, die Tochter Fouka mit dem Ratsherrn Schmidt zu Groningen verheiratet. Bucho Wiarda starb 1595. Als Sterbeort ist an einer Stelle Bremen angegeben. Doch dürfte das kaum stimmen, weil glaubwürdigere Nachrichten dafür vorliegen, dass er zuletzt auf dem adelig freien Heerd zu Bingum (Rheiderland), den er erworben hat, wohnte und auch dort verstorben ist. Dieser Heerd, auch wohl Veste Bingum genannt, war noch zur Zeit des Geschichtsschreibers Tileman Dothias Wiarda (1746-1826) im Besitz der Wiarda und ist später auf den Freihern von Rheden, einen Enkel des Gerhard Bucho Wiarda, vererbt. Wir können mit ziemlicher Gewissheit annehmen, dass er seine letzten Tage zwar ferne seiner direkten Heimat, aber doch im friesischen Lande verlebt hat und dort angesichts der beruflichen Erfolge seiner Söhne und Schwiegersöhne seine Ruhe wiedergefunden hat. Sechs Jahre nach ihm starb seine Frau in Emden, wo sie bei ihrem Sohn, dem damaligen Syndikus der Stadt Emden, Dothias Wiarda wohnte.
Quellen:
WIARDA, Siegfried, "Bucho Wiarda, stamvader van de Duitse Wiarda", S. WIARDA (ed.), Wiarda 1369-1969, Bolsward, A.J. Osinga NV, 1970, 31-34
Wikipedia: Fresheneesz, "The Low Countries", Wikipedia website
|